Muggensturm: Die Margarethenkapelle

Die Margarethenkapelle des untergegangenen Ortes Eichelberg.

Die Margarethen-Kapelle, ein Kleinod aus längst vergangener Zeit

 

Diese Pfarrei besitzt außerhalb der Stadtmauer, ungefähr eine Viertelstunde von der Stadt entfernt, eine alte und stattliche Margarethenkapelle auf einem schönen Hügelchen. So steht es im Speyerer Visitationsprotokoll von 1683.

 

Dem Wanderer fällt sie sowieso auf, der Vorbeifahrende erhascht nur einen kurzen Blick. Und doch fragt man sich, wieso diese Kapelle hier so einsam außerhalb des Ortes Muggensturm liegt. Aber dafür gibt es eine plausible Erklärung. Die Kapelle gehörte eigentlich zum Ort Eichelbach (als Echilbach im Jahr 1102 erwähnt), der an der alten Bergstraße und östlich der Kinzig-Murg-Rinne gelegen hatte. Im Jahr 1041 gelangte Eichelbach zusammen mit anderen Orten der Umgebung an das dem Bistum Speyer geschenkten predium Rotenvels. Noch im Jahr 1250 wurde der Ort durch Graf Otto von Eberstein bei einer Aufzählung seiner Besitzungen genannt. Graf Heinrich von Eberstein und das Kloster Herrenalb verlegten gegen Ende des 13. Jahrhunderts ihre Höfe nach Muggensturm.

 

Nachdem die Höfe etwa um das Jahr 1298 in Eichelbach aufgegeben waren, zogen auch auf Veranlassung der Grafen von Eberstein die letzten Bewohner von Eichelbach hinter die sicheren Stadtmauern von Muggensturm, das erstmals 1193 durch Papst Cölestin III. als Besitz des Klosters Frauenalb erwähnt wurde. 1353 und 1387 wird Muckensturm bereits als Burg und Stat bezeichnet. Die mittelalterliche Stadt war von hohen Mauern umgeben und bot den Menschen Schutz in unruhigen Zeiten. Hier lebten fortan auch die Menschen aus Eichelbach. Die zurückgelassenen Häuser zerfielen, andere hatte man abgebaut und im befestigten Muckensturm wieder errichtet. Flurnamen wie Kirchbühl, Kirchgaß und Pfarrgaß erinnern noch an Eichelbach. Die Kirche und der Friedhof blieben zurück. Während der Zeit der Umsiedlung der Menschen nach Muggensturm und auch danach dürfte die alte Margarethenkirche noch gelegentlich als Kirche gedient haben. Nachweislich wurde im Jahr 1382 eine Frühmesse gestiftet. Die Behauptung des Pfarrers Magenbuch in Muggensturm aus dem Jahr 1754 „es sei schon über 600 Jahre in der Margarethenkapelle eine Frühmesse nachzuweisen“, ist durch kein Schriftstück zu belegen. Eine eigene Pfarrkirche im Ort Muggensturm wird für das Jahr 1373 genannt.

 

Etwas einsam gelegen blieben die Margarethenkapelle und der Friedhof am alten Platz des ehemaligen Ortes Eichelbach. Das genaue Alter der Kapelle und über die Baugeschichte ist nichts bekannt. Ob die schlitzartigen Fensteröffnungen zur Beobachtung des Terrains oder als Schießscharten benutzt wurden, darüber kann man nur spekulieren. Die Fundamente des Turmes weisen auf eine sehr frühe Bauperiode hin. Als Bauherren gelten die Grafen von Eberstein. Beweiskräftige Unterlagen sind beim Brand im Kloster Frauenalb im Jahr 1403 vernichtet worden. Bedauerlicherweise wurde im Jahr 1494 auch das Archiv der Ebersteiner ein Raub der Flammen. So wurden wertvolle Nachrichten aus fast zwei Jahrhunderten zerstört. Man ist hier auf Erwähnungen aus späteren Unterlagen angewiesen. Die verschiedenen Beraine aus den Jahren 1505, 1533, 1554, 1581 und 1652 geben Anhaltspunkte über die Margarethenkapelle. Sie war wohl bis zur Reformation auch eine beliebte Wallfahrtskapelle.

 

Über den schlechten Zustand der Kapelle wird im Jahr 1683 berichtet. Man wollte den Friedhof schließen, um ihn nicht „zum Unterschlupf wilder Tiere“ werden zu lassen. 1732 berichtet Dekan Barfues aus Rotenfels: „Die Margarethenkapelle sei seit etlichen Jahren verlassen, die deutschen Husaren hätten im letzten Krieg darin ihre Wüsteney getrieben und er bitte um Reparatur.“ Der Rastatter Architekt Johann Peter Ernst Rohrer erstellte dann im Jahre 1737 ein Gutachten. Drei verschiedene Bauperioden wurden festgestellt. Die Turmumfassungsmauern ohne die Fenster sind der älteste Teil der Kapelle und werden in das 12. Jahrhundert verlegt. Chorfenster und Gewölbe stammen aus dem 15. Jahrhundert und Langhaus und Dachkonstruktion aus dem Jahr 1737, denn 1689 war der obere Teil des Turmes abgebrannt. Das Mauerwerk stammt aus gebrannten Ziegelsteinen, Geröllsteinen und kleineren Sandsteinen, die in Mörtel eingebettet wurden. Den Chor bildet ein einfaches Kreuzgewölbe, dessen Schlussstein interessant ist, weil er die Ebersteiner Rose zeigt. Die Gewölberippen weisen frühgotische Formen auf, verlaufen in die Ecke die von den Turmwänden gebildet werden und leiten die Gewölbelast zur Erde über. Die Fenster mit spätgotischem Maßwerk verweisen auf das 14. oder 15. Jahrhundert, wobei die Steinmetzzeichen an den äußeren Fensterleibungen schwer zu identifizieren sind, aber ebenfalls auf diese Zeit hinweisen. Ein wuchtiger Triumpfbogen bildet die Verbindung zum Langhaus, das im Dreißigjährigen Krieg zerstört worden war.

 

Wenn es nach Rohrer gegangen wäre, hätte die Kapelle umfangreich saniert gehört. Man scheute aber die hohen Kosten und die Margarethenkapelle wird ohne besonderen Aufwand repariert. Die vier Fensteröffnungen und die südliche Tür werden erneuert. Der Kern des Langhauses blieb bestehen. Eine mehr als notdürftige Reparatur war erfolgt. Irgendwie fühlte sich für die alte Kapelle auch niemand mehr zuständig.

Am 24. Juli 1756 berichtet von Lassolaye dem Markgraf: „Verwichenen Mittwochabend hat der Donner in die alte Margarethenkirche zu Muggensturm geschlagen, den Hahn auf dem Turm gebogen, Sparren zerschlagen, die Ziegel zerfetzt und die Mauer ruiniert.“ 1796 wird die Kapelle von den Franzosen radikal geplündert. Auch die Stühle mussten daran glauben. An das Allerheiligste, den hohen Altar aus Holz mit allen Statuen und Gemälden hat man sich anscheinend nicht getraut. Dagegen werden im Jahr 1804 starke Beschädigungen am Altar festgestellt. August von Bayer, der Konservator der Kunstdenkmäler Badens, fand ihn schmutzig und verwüstet vor. Das änderte aber vorerst nichts.

 

Auch aus dem Jahr 1853 liegen uns Nachrichten über den Zustand der Kapelle vor. In seiner Ausgabe vom 5. November 1853 berichtet das Rastatter Wochenblatt u.a.: „Aus den Rechnungen und Verwaltungs-Akten der Domänen-Verwaltung Baden und früheren Amtskellerei Rastatt ist aus einigen Notizen ersichtlich, daß die Margarethen-Kapelle schon über 500 Jahre stehe, ohne daß in oder an derselben eine bedeutendere Ausbesserung vorgegangen und daß in derselben alle Sonn- und Feiertage Gottesdienst gehalten worden seye, insbesondere erhellt aus einer Mitteilung des damaligen Amtskeller-Vorstandes, daß die Franzosen in der Kapelle Stallung mit Spital hatten, daß sie einen Theil derselben verbrannt und den Altar durch theilweise Abkratzung der Vergoldung ruinierten.“

 

1862 bekam die Kapelle eine neue Haupttür, der Boden wurde ausgebessert und die Decke geweißelt. Von 1877 bis 1903 erfolgten mehrere Bittschriften von Pfarrer Karl Theodor Zerr an die Behörden wegen einer Renovierung der Kirche. Kunstmaler Rieger von Lautenbach erhielt schließlich den Auftrag, die Kirche einfach und schlicht auszumalen. Es dauerte bis 1915 und dann wurden auch die Figuren und Flügelreliefs neu gefasst und der brüchige Altarschrein repariert.

 

Das Jahr 1964 brachte für die Margarethenkapelle große Veränderungen. Ein paar Jahre zuvor hatte man mit hohem finanziellem Aufwand bereits Turm und Dach repariert und der Kirche einen neuen Anstrich verpasst. Das Landesdenkmalamt und der Konservator für kirchliche Baudenkmäler, Professor Ginter aus Freiburg hatten sich der Kapelle angenommen. Mit der heiklen Aufgabe der Innenrenovierung wurde der Restaurator Josef Steiner aus Tübingen beauftragt. Im Oktober 1964 sah die Kirche wenig einladend aus. Die Bänke waren entfernt, die Wände kahl und der Altarstein bloßgelegt. Proben wurden entnommen um festzustellen, ob hinter dem Verputz noch alte Malereien vorhanden sind. Es wurde ein Natursteinboden gelegt und Holzverkleidungen entfernt, die nicht zum Erscheinungsbild gepasst hatten. Das Badische Tagblatt berichtet am 28. Oktober 1964: „Auch die Muggensturmer Bevölkerung zeigt größtes Interesse an dieser Veränderung ihrer altvertrauten Margarethenkapelle und man ist gespannt, ob die fachmännische Arbeit alte Kunst zutage fördert und wie das Kirchlein in seinem neuen (alten) Gewand anspricht.“

 

Es ist ein geschichtliches Kleinod, das da an der Straße nach Muggensturm steht. So oft fährt man vorbei, aber man sollte sich einmal die Zeit nehmen und anhalten. Ein paar Minuten der Ruhe und Einkehr hier an diesem geschichtsträchtigen Ort lassen erkennen, wie unwichtig manche Probleme plötzlich werden können.

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