Der Jüdische Friedhof auf dem Mergelberg

Etwas außerhalb des Dorfes auf dem Mergelberg liegt der Jüdische Friedhof. Eine, wie ich finde, besinnliche Stätte.

"Ein Gebet kann nicht
das Wasser zum trockenen Feld bringen,
nicht eine zerbrochene Brücke instand setzen,
noch eine zerstörte Stadt wieder aufbauen;
aber ein Gebet kann trockene Erde tränken,
ein gebrochenes Herz heilen
und einen geschwächten Willen wieder stärken"...
Abraham Jehoschua Heschel

 

Jüdisches Leben in Kuppenheim

 

Die Geschichte berichtet schon früh von einer jüdischen Gemeinde in Kuppenheim. Den ersten Nachweis für jüdische Bürger in der Stadt finden wir im Jahr 1433. Um das Jahr 1590 herum hatten sich in Kuppenheim zehn jüdische Familien angesiedelt. Zum Gebet und Gottesdienst traf man sich wahrscheinlich in einem Privathaus. Bis Mitte des 18. Jahrhunderts war die Anzahl jüdischer Familien in Kuppenheim so gering, dass weder von einer Synagoge noch von einem Judenschulmeister die Rede war.

 

Um 1740 herum verbot Obervogt Lassolye den Juden das Abhalten von Andachtsübungen in einem Privathaus. 1783 gab es wieder 10 jüdische Familien in Kuppenheim. Durch Kauf oder Schenkung hatte die jüdische Gemeinschaft ein Grundstück am Ende der Löwengasse (damals Geitzengasse) erhalten und darauf die erste Synagoge gebaut. Die jüdische Gemeinde besaß nun eine Synagoge, eine Schule und natürlich den Friedhof auf dem Mergelberg. Außerdem besaß die jüdische Gemeinschaft eine Mikwe, ein rituelles Tauchbad. Das Wasser einer Mikwe muss lebendiges Wasser sein. Das Bad lag meist unter der Erde auf der Höhe des Grundwasserspiegels. Die Mikwe dient nicht der Hygiene. Mit dem Untertauchen in der Mikwe soll nicht Sauberkeit, sondern die rituelle, eigentlich kultische Reinheit hergestellt werden. 1803 übernahm Benedikt Moses Engel das Amt des Vorsängers und fungierte auch als Religionslehrer. 1825 empfahl das Oberamt der jüdischen Gemeinde den Neubau einer Synagoge, weil das jetzige Gebäude mehr einem schlechten Stall gleicht als nur entfernt einem Tempel. Baumeister Professor Oehl aus Rastatt erstellte hierfür die Pläne. Außer der neuen Synagoge entstand ein neues Schulhaus mit einem Unterrichtsraum, eine Wohnung für den Religionslehrer und ein neues rituelles Bad. 1911 bekamen die Gebäude elektrische Stromversorgung.

 

Die wirtschaftliche Betätigung der Juden war auch in Kuppenheim mit Schwierigkeiten verbunden. 1601 wurde Isaac Jud die Ausübung seines Handwerks als Glaser verboten. Ämter und Zünfte hatten Einwände. Also betätigten sich die Juden überwiegend auf dem Gebiet des Geldverleihs und im Handel. Sie waren als Trödler tätig und betrieben Pferde- und Viehhandel, vereinzelt auch Frucht- und Mehlhandel.  1933 lebten noch 51 jüdische Personen in Kuppenheim. In den darauffolgenden Jahren litt die jüdische Bevölkerung zunehmend unter den nationalsozialistischen Repressalien. Sie verloren immer mehr ihre Rechte und die Geschäfte wurden boykottiert. Am 1. Januar 1938 zählte man in Kuppenheim noch 32 jüdische Einwohner. Die Synagoge wurde beim Novemberpogrom 1938 zerstört. Die jüdischen Männer wurden in das KZ Dachau verschleppt. Die letzten 16 jüdischen Einwohner brachte man im Oktober 1940 in das KZ Gurs. Gurs überlebten nur wenige. Den Weitertransport in ein KZ im Osten überlebte keiner. Man hat sie ermordet.

 

Der jüdische Friedhof zu Kuppenheim

Die Entstehung des Jüdischen Friedhofs in Kuppenheim liegt im Dunkeln. Die Gründung vermutet man um das Jahr 1692. Den ersten schriftlichen Nachweis gibt es aus dem Jahr 1694 anlässlich der Beerdigung eines Gernsbacher Juden. Es sollte nicht die einzige Beerdigung eines ortsfremden Juden sein. Auch Tote der umliegenden jüdischen Gemeinden wie Baden-Baden, Bühl, Kehl, Lichtenau, Hörden, Stollhofen und Juden aus weiteren Orten haben hier ihre letzte Ruhestätte gefunden. Der jüdische Friedhof in Kuppenheim wurde zum Verbandsfriedhof. Aus religiösen Gründen kommt ein Friedhof bei der Synagoge nicht in Frage. Überwiegend liegen die jüdischen Friedhöfe außerhalb der Ortschaften. In Kuppenheim hat sich hierfür ein Grundstück auf dem Gewann Mergelberg angeboten. Der Mergelberg war städtische Allmende und der unfruchtbare Boden für die landwirtschaftliche Nutzung nicht geeignet.  1772 ist für die Pflege des Jüdischen Friedhofes der Schutzjude Faist Kahn aus Freistett zuständig. Starb ein Jude in der Markgrafschaft Baden musste für das Begräbnuß auf dem Mergelberg bezahlt werden. Die Gebühren waren unterschiedlich. Ein fremder Jud, so alt oder geheiratet 6 fl, ein Jud im Land 4 ½  fl. Christoph Warth zog für die Herrschaft 1779 die Begräbnisgelder ein. Im Jahr 1800 hatte der Friedhof eine Größe von fast 9 ar erreicht. Die Pacht betrug 10 Gulden und erhöhte sich 1813 auf 15 Gulden. 1825 musste der Friedhof erweitert werden und die Pacht betrug von nun an 22 Gulden. Von 1911 bis 1941 war der Israelitische Begräbnisverband Kuppenheim Eigentümer des Friedhofes. Im Oktober 1939 wurde dieser durch den nationalsozialistischen Sicherheitsdienst enteignet, sein Vermögen eingezogen. Die Aussegnungshalle wurde in der Reichspogromnacht zerstört. Der Friedhof wurde verwüstet. 1941 wurde die Schließung des Friedhofes angeordnet. Die Stadt Kuppenheim sollte das Gelände kaufen und die Kosten für Abräumung und Einebnung übernehmen. Geschicktes Verhandeln durch den damaligen Bürgermeister Gustav Grathwohl und der Ausbruch des totalen Krieges verhinderte, dass der Friedhof zerstört wurde.

 

Der Friedhof geriet in Vergessenheit und blieb sich selbst überlassen. Nach dem Krieg lagen 200 Steine am Boden. 1946 begann die Stadt Kuppenheim mit den ersten Instandsetzungsarbeiten. Der jüdische Friedhof ist mittlerweile geschütztes Kulturdenkmal. Es ist ruhig hier oben am Mergelberg so früh am Morgen. Die Sonne scheint durch die Bäume und mancher Sonnenstrahl lässt den roten Sandstein der Grabsteine  aufleuchten. Begraben sind hier auch jüdische Kurgäste. Sie suchten in Baden-Baden Genesung und fanden ihren Tod fern der Heimat. Manche Grabsteine erzählen kleine Geschichten. Von Nathan dem Sohn des Elieser, der hier als aufrechter und gerader Mann begraben wurde. Oder Abigail, Gattin des Salmans, die als Frau mit Weisheit bezeichnet wird und hier 1804 ihre letzte Ruhestätte erhielt. Der Gang über den Friedhof weckt aber auch automatisch Erinnerungen an die jüdischen Mitbürger die verschleppt und getötet wurden. Zum Teil hat man sie verbrannt, ihre Asche in einen See gestreut oder sie kamen in ein Massengrab.

 

Der jüdische Friedhof auf dem Mergelberg wird bis zum Ende aller Tage bleiben. Die Totenruhe gilt als unantastbar. Die Stadt Kuppenheim hat im Auftrag der israelischen Religionsgemeinschaft Baden die Pflege des Friedhofes übernommen. Umgestürzte Grabsteine werden wieder aufgerichtet und fehlende Texttafeln ersetzt. Es ist der Stadtverwaltung Kuppenheim ein Bedürfnis, diesem wertvollen Denkmal ein ansehnliches Erscheinungsbild zu geben.

 

Blumenschmuck wird man an den Gräbern vergebens suchen. Das macht im jüdischen Glauben keinen Sinn. Kleine Steine auf den Grabplatten verraten, man hat dich nicht vergessen, ich war da.

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