Friedhof Hügelsheim - Die Fischer-Gräber

Alte Grabsteine sind faszinierend. Oft verbirgt sich dahinter eine interessante Geschichte. Man muss ihr nur nachgehen.

Friedrich Fischer, Bürger in Hügelsheim

 

Gräber sind die besten und vielfältigsten Zeugnisse alter Kulturen. Oft werden sie auch Teil archäologischer Forschungen. Zu den ältesten bekannten Bestattungsorten zählen Höhlen und einfache Erdgruben. Mit dem Aufkommen der ersten Hochkulturen entwickelte sich auch das Bestattungswesen. So herrschte in Ägypten ein ausgesprochener Totenkult. Nie wieder erreichten Einzelgräber die Größe einer Pyramide.

Keine Ähnlichkeit mit einer Pyramide, aber doch in einem Erdhügel wurde der Keltenfürst in Hügelsheim begraben. Im Mittelalter lehnte man diese germanisch-keltische Tradition der Gräberfelder ab. Die Bestattungen wurden beim geweihten Kirchhof vorgenommen. Die Kirche, die Gräber und die Mauer darum galten als sakraler Bereich. Nur Wohlhabende oder kirchliche Würdenträgern genossen das höchste Prestige und erhielten eine Bestattung in der Kirchengruft. Außerhalb der Stadtmauer in ungeweihter Erde fanden Kriminelle, Bettler und Gaukler ihren Bestattungsplatz. In Kriegs- und Seuchenzeiten wurden die Bestattungen bei der Kirche zu einer Platzfrage. Einzelbestattungen waren kaum mehr möglich und die oft tägliche Öffnung von Massengräbern mitten im Ort wurde zum Problem. Pestfriedhöfe hatte man daher aus Angst vor der Seuche schon lange außerhalb der Stadt angelegt. Die Zunahme der Bevölkerung und die Überbelegung der innerstädtischen Friedhöfe führten dazu, dass man vereinzelt bereits in der Renaissance damit begann Friedhöfe außerhalb des Ortes anzulegen. Im 19. Jahrhundert wurden Tote fast nur noch außerhalb des Ortes beerdigt, zumal es da bereits eine Vorschrift gab, dass innerhalb bewohnter Gegenden keine Leichen mehr beerdigt werden dürfen.

 

Friedhöfe erfüllen wichtige und in vielen Kulturen bestehende individuelle und kollektive Funktionen. Vor allem sind sie dazu bestimmt, den Angehörigen der Verstorbenen ein ungestörtes Totengedenken in einem Raum zu ermöglichen, der deutlich von dem der Lebenden abgetrennt ist. Darüber hinaus spielen sie eine wichtige Rolle in der religiösen Praxis, erfüllen aber auch öffentliche Interessen. Viele Friedhöfe stehen unter Denkmalschutz und das wegen ihrer kulturell herausragenden Rolle.

 

So hat auch der Hügelsheimer Friedhof seine Besonderheit in den Fischer-Gräbern. Diese Gräber erzählen Ortsgeschichte. Franz Fischer wurde am 8. Juli 1745 in Schwarzach geboren. Er kam wohl um 1770 herum nach Hügelsheim und wurde „Grünerbaumwirt“ hier im Ort. Er übernahm in Hügelsheim auch die Stelle des Obergrabenmeisters und hatte in der trockenen Jahreszeit für die ordnungsgemäße Bewässerung der Wiesen zu sorgen. Mit Sachverstand und Fingerspitzengefühl kümmerte er sich um das Öffnen der Stellfalle und den drei Schließen. Diese Bruchwiesenwässerung brachte auf den Feldern größere Erträge, auch in der Heuernte. Die Bauern waren zufrieden. Beeindruckt von dieser Leistung war auch Markgraf Karl Friedrich, der Fischer 1791 für seine Leistungen die Civil-Verdienstmedaille verlieh.

 

Auch beim Erwerb des Bannwaldes hatte Fischer seine Finger im Spiel. Durch die politischen Umwälzungen in der Napoleonischen Zeit bekam Hügelsheim die Möglichkeit, 200 Morgen Bannwald günstig zu erwerben. Fischer erkannte den Vorteil für die Gemeinde und in einer für die damalige Zeit erstaunlich demokratischen Weise wurde über den Kauf abgestimmt. 34 Bürger waren gegen den Kauf. Sie waren der Meinung Hügelsheim hätte ja bereits 1.600 Morgen Wald und das würde genügen. Fischer gab nicht auf. Er fand 30 Bürger, die den Wald privat kaufen wollten. Mit diesem Vorhaben war die Regierung nicht einverstanden, weil das eine sinnlose Zersplitterung des Waldes nach sich gezogen hätte. Fischer war kein armer Mann und so entschloss er sich, den Wald alleine für sich zu erwerben. Nun wachte man in Hügelsheim auf. Das Forstamt führte eine zweite Bürgerbefragung durch und erhielt 47 positive Stimmen und nur 15 Bürger blieben bei ihrer Ablehnung. Für 8.450 Gulden erwarb die Gemeinde im Jahr 1908 die 200 Morgen 99 Ruthen wertvollen Wald. Um das bezahlen zu können stockte man ein Eichenwäldchen, genannt die Wörth am Rhein aus und verkaufte das Holz für 11.050 fl.

 

Im Jahr 1811 war Franz Fischer aus Altersgründen und wegen einer Verwundung nicht mehr in der Lage, die anstrengende Tätigkeit als Obergrabenmeister auszuführen. Auch den „Grünen Baum“ musste er in fremde Hände geben. Franz Fischer verstarb im Jahr 1813. Nach seinem Tod übernahm der Sohn Georg Fischer das Gasthaus. Er hatte in einer Brauerei in Mannheim das Brauerhandwerk erlernt und seine Kenntnisse in Wien, Holland und in der Schweiz erweitert. Der „Grüne Baum“ war seit 1807 nicht nur ein einfacher Bierausschank, sondern zum Gasthaus gehörten eine Bierbrauerei und eine Branntweinbrennerei. Der gute und willensstarke Charakter des Franz Fischer hat sich wohl auch auf seinen Sohn Georg übertragen. Auch er genoss das Ansehen der Hügelsheimer Bürger und wurde Gemeindevorsteher.

Georg Fischer verstarb im Alter von 46 Jahren und sein Tod hat etwas menschlich Ergreifendes. „Er starb in Erfüllung seines Berufes gewaltsam durch die Hand eines Bürgers.“ So erzählt es der Grabstein. Er begleitete am 18. April 1820 einen Gast so gegen 24.00 Uhr zur Wirtshaustür. Bei dem Gast handelte es sich um den Pfarrer von Hügelsheim. Im Hausflur lauerte ein Bürger, der sich in der Sonntagspredigt vom Pfarrer beleidigt fühlte. Er zückte ein Messer, stach zu und traf Georg Fischer. Der Bürgermeister und Grünebaumwirt wurde Opfer einer Verwechslung.

 

Beerdigt wurde Georg Fischer damals noch auf dem Kirchhof beim alten im gotischen Stil erbauten Kirchlein, das 1840 wegen Sturmschäden abgebrochen werden musste. Die Gemeinde wollte schon Jahre zuvor einen neuen Friedhof außerhalb des Ortes anlegen. Aus finanziellen Gründen, auch weil Kriegsschulden bezahlt werden mussten, war dies noch nicht möglich geworden. 1828 zählte Hügelsheim 625 Einwohner und man hatte jährlich zwischen 25 und 30 Sterbefälle zu verzeichnen. Die Friedhofsfrage musste unbedingt geklärt werden und die Entscheidung fiel auf einen Platz nordöstlich des Dorfes an der Straße nach Sinzheim.

 

Betritt man heute den Hügelsheimer Friedhof fällt der Blick zuerst auf die kleine Friedhofskapelle aus dem Jahr 1880. Der kleine Putz-Werksteinbau erstrahlt in frischem Weiß. Auf der dunkelgrün lackierten Eingangstür befinden sich goldfarbene Metallrosetten und ein Kreuz. Gegenüber und ein paar Meter weiter steht die neue Leichenhalle. An deren Seitenwand aufgestellt findet man die Grabsteine der Familie Fischer. Das Grabmal des Ermordeten und seiner Ehefrau stehen im Mittelpunkt der Anlage. Maria Josepha Fischer hat ihren Mann um beinahe drei Jahrzehnte überlebt. Von christlichem Denken zeugt die Tafel. Die Inschrift lautet: „Gott möge dem, der ihm den Tod gewaltsam gab, der Reue, Gnade und Vergebung schenken.“ Aber es ist nicht einfach nur ein Grabmal. Die Fischer-Familie ist ein Teil der alten Hügelsheimer Ortsgeschichte. Man gewährt den Gräbern heute noch den verdienten Respekt, denn die kleine Anlage davor ist immer in gepflegtem Zustand. Die Fischer-Gräber sind Zeugen der Vergangenheit.

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