Iffezheim: Die Pferderennbahn

Eine Postkarte von 1898 zeigt das muntere Treiben auf der Rennbahn

Bénazet verwirklicht sich einen Traum

 

Sie ist noch etwas außer Atem. Man sieht die Muskeln spielen unter ihrer Haut. Die braunen Augen glänzen. Die hoch aufgestellten Ohren erreichen den Beifall der Menschen und vielleicht wird ihr gerade bewusst, dass sie etwas Besonderes geleistet hat. Die zweijährige Stute Bourree ist bildhübsch und sie ist die diesjährige Winterkönigin. Sie hat einen ausgesprochen freundlichen Charakter und den Sieg hat sie sich hier in unserer Heimat auf der legendären Rennbahn in Iffezheim erlaufen.

 

Niemand hätte jemals gedacht, dass ausgerechnet auf diesem Platz einmal eine der schönsten Rennbahnen entstehen sollte. Der Boden “In der Bey“ und „Im Waichen“ war als Ackergelände völlig unbrauchbar. Das Gebiet war stellenweise sumpfig, mit Eichen, Erlen und Weidebüschen bewachsen und wurde als Viehweide genutzt. Das sollte sich 1857 schlagartig ändern. Edouard Bènazet, Spielbankpächter in Baden-Baden, war auf der Suche nach einem geeigneten Gelände zum Bau einer Pferderennbahn.

 

Es war für die Iffezheimer Bauern schon ein etwas befremdliches Bild, als da 1857 fremde Herren fein angezogen und in ledernen schwarzen Schuhen über die Viehweide in der Nähe des Dorfes liefen. Das wurde nicht nur einmal beobachtet, sondern ein paar Tage hintereinander und es sorgte für Gesprächsstoff im Ort. Es dauerte nicht lange und das Geheimnis war gelüftet. Die Herren suchten geeignetes Gelände für den Bau einer Pferderennbahn. In Baden-Baden ließ sich der Plan wegen der örtlichen Gegebenheiten nicht verwirklichen. Man schaute sich in den umliegenden Dörfern um, immer den Blick darauf gerichtet, dass die Rennbahn von Baden-Baden aus gut erreichbar war. Schließlich wurde man in Iffezheim fündig. Das weitläufige Gelände „In der Bey“ und „Im Waichen“ lag günstig direkt beim Ort und auf dem Hochgestade. Was die Herren noch beeindruckte, war der ländliche Charme von Iffezheim. Im Gemeinderat musste das Thema Pferderennbahn nicht lange diskutiert werden. Das Vorhaben war eine Bereicherung für den Ort.

 

Die Einheimischen kannten das Publikum in Baden-Baden und dort auf dem Markt bekam man für Obst und Gemüse immer einen guten Preis. Ab und an begab sich auch eine Ausflugsgesellschaft von Baden-Baden zum Rhein unterwegs in ein Lokal in Iffezheim. Das Essen war einfach, aber gut und der Wirt freute sich über die klingenden Münzen. Am 16. Februar 1858 setzten Bürgermeister Severin Schäfer und Jacques Emile Dupressior, der Bevollmächtigte und Neffe des Spielbankpächters Edouard Bénazet, ihre Unterschrift unter den Pachtertrag über das gemeindeeigene Ackergelände.

 

Die Tinte auf dem Vertrag war noch nicht trocken, da wurde schon mit den ersten Erdarbeiten auf dem Acker begonnen. Der in Bordeaux geborene Edouard Bénazet war wie sein Vater Jacques ein ausgesprochener Geschäftsmann. In kürzester Zeit entstanden auf dem mit Büschen überwucherten Acker eine Rennbahn, ein Fürstenpavillon, eine Tribüne für geladene Gäste und eine große Tribüne für das sonstige Publikum. 300 000 Francs hatte Edouard Bénazet in die Anlage investiert und er war sich sicher, dass sich das auch rentieren würde.

Vor der Eröffnung der Rennbahn als man die Flachrennen ausschrieb gab es eine schwierige Frage: Woher geeignete deutsche Zuchtpferde nehmen? Selbst für den „Prix de la Confèderation Germanique“ gingen keine Nennungen ein, weil es einfach noch an deutschen Zuchtpferden fehlte. Mit dem „Preis vom Schloss Favorite“ wurde am Sonntag, dem 5. September 1858 die Rennbahn eröffnet. Die erste Siegerin hieß Amazone, die ihr Rennen allerdings alleine bestreiten musste. Das Hürden- und Jagdrennen wurde aus deutschen Offizierskreisen bestritten und sollte als das „Alte Badener Jagdrennen“ in die Geschichte eingehen. Die meisten Preise gingen damals an die großen französischen Ställe, die mit ihren besten Pferden in Iffezheim an den Start gegangen waren. Edouard Bénazet, auch „le roi de Bade“ genannt, hatte insgesamt 50 000 frs. an Preisen gestiftet. Eine besondere Auszeichnung war der vom Großherzog gestiftete Goldpokal. Der Höhepunkt von drei Renntagen war auch damals schon der Große Preis von Baden, den die in Frankreich trainierte Stute La Maladetta gewann.

 

Bénazets Pläne gingen auf. Iffezheim wurde zum attraktiven Treffpunkt für den Adel, der gehobenen Gesellschaft, aber auch Menschen mit kleinem Geldbeutel. Im damals noch ländlich strukturierten Iffezheim staunte man nicht schlecht. Es war schon eine illustre Gesellschaft, die sich Jahr für Jahr Ende August Anfang September zu den Renntagen in Iffezheim einfand. Prächtige Kutschen zogen durch das Dorf zur Rennbahn hinaus. König Wilhelm von Preußen kam in einem Wagen mit Trakehner-Bespannung. Es folgte der Großherzog mit Lakaien und prächtig herausgeputzten Fanfarenbläsern. Die Landauer waren besetzt mit Damen in eleganten Roben und Offizieren in bunten Uniformen. Der perfekte Gentleman trug selbstverständlich auf dem Kopf einen Canotier oder auch Kreissäge genannt. Das war ein aus Stroh geflochtener Hut mit schwarzem Hutband. Die Damen zeigten sich im eleganten Kleid oder Rock und feiner Spitzenbluse. Zur weiteren Ausstattung gehörte ein übergroßer Hut, gerne auch mit Federn oder die Dame hatte einen kleiner weißen Schirm und hielt damit die Sonnenstrahlen ab. Helle Haut galt damals als vornehm. An gebräunter Haut erkannte man die Landfrau, die auf dem Acker arbeitete.

 

Den ersten Tiefschlag musste die Rennbahn durch den Deutsch-Französischen Krieg hinnehmen. Menschen, die eine gemeinsame Leidenschaft nach Iffezheim gebracht hatte, waren plötzlich Feinde geworden. 1872 wurde der Internationale Club gegründet mit Fürst Carl Egon zu Fürstenberg als Präsident. Am 1. Mai 1873 war es dann soweit. In Iffezheim gingen wieder Pferde an den Start. Weitere Renntage folgten im August desselben Jahres. Der nächste Stillstand folgte 1914 und sollte sieben Jahre dauern. Am 26. August 1921 wurde das erste Rennen veranstaltet und 1924 zeigten sich auch wieder ausländische Pferdebesitzer in Iffezheim. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden 1940 die Rennen abgesagt und für die nächsten Jahre tat sich auf der Rennbahn nichts mehr.

Die Beschlagnahme der Rennbahn wurde 1949 aufgehoben. 1951 fand erstmals wieder auf der Rennbahn eine „Große Woche“ statt. 1972 erweiterte man das Programm und führte das Frühjahrs-Meeting ein. Seit 2010 liegt das Schicksal der Rennbahn in der Hand der Baden Racing GmbH mit seinem Präsidenten Dr. Andreas Jacobs. An 14 Tagen verteilt auf drei Meetings finden Rennen statt und das Gesamtpreisgeld bewegt sich in der Höhe von einigen Millionen Euro. Mit dem Ergebnis aus dem Jahr 2013 war man sehr zufrieden. Man kann mit Stolz behaupten, dass Iffezheim eines der größten Turf-Sport-Zentren in Deutschland ist.

 

Ob dem kleinen, etwas behäbig wirkenden Mann mit der hohen Stirn und den schwarzen Locken damals schon bewusst war, dass er sich mit seinem Geschäftssinn ein Denkmal in Iffezheim setzen würde? Edouard Bénazet und sein Vater Jacques haben ihre Spuren hinterlassen, seien es die prunkvollen Säle des Casinos in Baden-Baden, den Ausbau der Lichtentaler Allee, das Stadttheater am Goetheplatz, oder die Rennbahn in Iffezheim.

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