Söllingen das Leben der Bauern

Kuhherde auf dem Heimweg zum Stall.

Die Dörfer um den Rhein waren schon in früher Zeit bäuerlich geprägt. Es gab ja auch keine große Auswahl von was man hätte sonst leben können. Eine Berei-cherung war sicher die Entstehung der Benediktinerabtei Schwarzach die im frühen 9. Jahrhundert zum ersten Mal erwähnt  wird. Die Mönche rodeten das Land und an den Klostermauern wuchsen die ersten Reben. Sie hatten Kennt-

nisse im Anbau von Arzneikräutern und kannten feinere Gemüsesorten die den hiesigen Bauern völlig fremd waren. In den Kräutergärten wuchsen Baldrian, Lavendel, Salbei, Pimpernell und Kamille. Es blühten Rosen, Lilien, Veilchen und Aglei (agaleia), eine Glockenblume die man in Verehrung an die spanische Stadt Aquileja besonders liebte. Die Bauern aus der Umgebung des Klosters profitierten vom Wissen der Mönche und so wanderte manches Kräutlein ab in die Gärten der Bauern. Auch die Obstbäume trugen mehr Früchte wenn sie nach Anweisung der Mönche richtig geschnitten wurden.

 

Mit 40 Jahren war der Bauer damals bereits ein alter Mann und viele Menschen erreichten nicht einmal das 50. Lebensjahr. Die Arbeit des Bauern begann im Morgengrauen im Stall und endete dort am Abend. Das Leben war begleitet von Armut, Seuchen, Not und der drückenden Last die große Kinderschar zu ernähren. Hinzu kamen die Forderungen des Grundherrn. Auch damals gab es schon Steuern und Abgaben die an die Markgrafen von Baden zu leisten waren. Es gab den Feldzehnt von Getreide, Wein, Garten- und Baumfrüchten. Der Blutzehnt war zu leisten von Haustieren und tierischen Erzeugnissen wie Eier, Milch, Butter und Honig. Der Grundzins war zu leisten nach Größe des ange-

bauten Feldes. Es gab Abgaben zu bestimmten Festtagen und Umlagen im Kriegsfall. Gerade hier in der Rheinebene hatte die Versorgung der durch-ziehenden Soldaten manchen Ort an den Rand des Ruins gebracht. Hinzu kamen die Frondienste auf dem Herrenhof. Das eigene Kuh- oder Pferdegespann musste eingesetzt werden bei Holzarbeiten im Wald und beim Weg- und Brückenbau. In den Rheindörfern kamen noch die Fronarbeiten beim Deichbau hinzu. Selbst im Todesfall kannte die markgräfliche Kasse keine Gnade. Hier war das beste Stück Vieh und das beste Kleidungsstück abzuliefern. Es galt: Arm geboren, rechtlos und erbärmlich gelebt und im Elend gestorben. Immer wieder gab es Bauernaufstände bis endlich die Ablösung von der Abhängigkeit zur Grundherrschaft durchgesetzt wurde.

 

Man neigt leicht dazu, die alten Zeiten zu glorifizieren. Stress hätten die Menschen damals nicht gekannt. Keine Maschine hätte sie zu Leistung angetrieben. Gemütlich und beschaulich sei das Leben gewesen. Dass das so nicht ganz zutrifft, erfährt man aus Erzählungen von Zeitzeugen, deren Eltern noch alleine von der Landwirtschaft leben mussten. Oft galt es fünf oder mehr hungrige Mäuler zu stopfen. Die Kleidung wurde immer wieder geflickt und an die Jüngeren weitergereicht. Das galt auch für die Schuhe. Jedes Kind hatte bereits in jungen Jahren seine Arbeit auf dem Hof zu erledigen. Während die Jüngeren die Gänse hüten mussten, wurden die Älteren bereits mit der Hacke auf das Feld geschickt. Gegessen wurde das, was Acker und Hausgarten hergaben. Wurde geschlachtet, war das wirklich noch ein Fest.

 

Die Feldarbeit in Söllingen begann wie in den anderen Orten schon zeitig im Frühjahr. Im April wurden die Dickrüben gesät. Auch die Wiesen mussten gedüngt werden. Im Mai war es an der Zeit, die Kartoffeln und die Erdäpfel (Topinambur) zu hacken. Im Juni war Heuernte. Mit dem Pferdegespann wurde gemäht und man war froh wenn das Wetter mitspielte. Das getrocknete Heu wurde auf dem Heuwagen zum Hof transportiert und im Schopf unter dem Dach untergebracht. Eine mühselige und anstrengende Arbeit. Feiner aufgewirbelter Staub legte sich auf die verschwitzte Haut und das juckte ohne Ende. Anfang Juli begann die Getreideernte. Die Gerste war zuerst dran, dann folgten Roggen, Weizen und Hafer. Bis um das Jahr 1950 wurde das Getreide noch von Hand mit der Sense gemäht. Das Ausdreschen des Getreides war die Winterarbeit der Landwirte. Die erste mit Dampfkraft betriebene Dreschmaschine im Ort war für alle Bauern eine große Erleichterung. Beim Gang durch das Dorf sah man überall arbeitende Menschen. Die gefangenen Fische wurden geputzt, es wurde Tabak eingefädelt und der Korbmacher bog die Weiden für einen neuen Kartoffelkorb. In der Mosttrotte wurde Obst gepresst und der Schweinehirt brachte seine Herde zurück ins Dorf.

 

Pferde- und Kuhfuhrwerke sind lange schon aus dem Ortsbild verschwunden. Nach und nach wurden die kleinen Landwirtschaften aufgegeben. Es rentierte sich einfach nicht mehr. Hinzu kam 1952 der Bau des Militärflugplatzes, der eine Flurbereinigung erforderlich machte. Hauptberuflich arbeitete man nun in der Stadt und hatte ein sicheres und geregeltes Einkommen. Auch die Kinder hatten einen Beruf erlernt und waren für die Feldarbeit nicht mehr zu begeistern. Was blieb waren die Blumen vor dem Haus und ein kleiner Nutzgarten hinter dem Haus. Dort wurde in kleinen Mengen immer noch das angebaut was für den normalen Haushalt gebraucht wurde. Viele Fachwerkhäuser sind nach dem Zweiten Weltkrieg verschwunden. Das Ortsbild hat sich verändert. Aus Söllingen wurde ein moderner Wohnort. Zwischen der Bundesstraße 36 und dem Rhein gelegen hat es sich dennoch den Charme eines Dorfes erhalten.

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