Stollhofen Krankheiten am Rhein

Cholera, Malaria und die Pest waren früher gefürchtete Krankheiten.

Über 30 Grad in der Rheinebene. Hitze und Luftfeuchtigkeit liegen wie eine Dunstglocke über der Region. Die Hitze raubt uns den Schlaf und die Nerven. Sehnsüchtig wartet man auf den Westwind der endlich etwas Abkühlung bringen soll. Da hatten unsere Vorfahren ganz andere Sorgen. Sie litten unter Krankheiten, die wir heute nur noch vom Namen her kennen.

 

Eine der schlimmsten Krankheiten im Mittelalter war die Pest. Sie galt als Geißel der Menschheit. Nachts wurden in Karren die Toten abtransportiert und außerhalb des Ortes vergraben. Ihr Hab und Gut wurde verbrannt, um eine weitere Aus-

breitung der Seuche zu verhindern. Ganze Dörfer am Rhein wurden durch die Krankheit entvölkert. Die Cholera, die Pocken (Blattern), Scharlach, Typhus, Tuberkulose und Malaria brachten immer wieder Elend über die Menschen am damals noch wilden Fluss. Nach Überschwemmungen blieb das Wasser lange stehen. In diesem Wasser findet ein organischer Prozess statt. Pflanzenteile zersetzen sich und es stinkt nach Fäulnis. Die Ausdünstung dieses faulenden Wassers war ein Paradies für Stechmücken. Sie waren die große Gefahr für die Menschen am Rhein. Verschiedene Chroniken berichten von 1290 bis zum Jahr 1883 von zahlreichen Hochwasserjahren. Zwischen den Jahren 1801 und 1883 soll es alleine 14 größere Überschwemmungen mit verheerenden Auswirkungen gegeben haben. Bei einem Hochwasser wurden nicht nur Äcker wegge-

schwemmt und die Landwirte geschädigt, sondern in den Gebieten die unter Wasser standen entwickelten sich auch gesundheitliche Probleme für Mensch und Tier.

 

1793 wird berichtet, dass bei morastigem Boden und dem ungesunden Gewässer die Pferde zur Brustwassersucht und trockenem Lungenhusten neigen würden. Es gab Rheingemeinden die jahrelang unter Wasser standen. Der Rastatter „Oberamtsphysikus“ (Amtsarzt) beklagt sich darüber, dass es in Plittersdorf ziemlich morastig sei und mehrere stehende Gewässer die Luft verpesten würden. Im nahen Gänsrhein beim Dorf lagen die Hanffrözen. Pfützen, die nach dem man den gewässerten Hanf herausgenommen hatte, einen ganz üblen Geruch über dem Dorf verbreiteten. Aus diesem Grund hatte man in Stollhofen die „Hanffreeze“ außerhalb des Dorfes und vom Sulzbach gespeist angelegt. Eine Mühle die über eine Hanfpleuel und einen Stampfgang zur Gewinnung von Öl eingerichtet war befand sich ganz in der Nähe. In zahlreichen Dörfern am Rhein wurde Hanf angebaut. Hanf lieferte den Rohstoff für Seile, Textilien und Papier. Aus dem Samen gewann man Öl für Speise- und Beleuchtungszwecke. Den Rest des Ölkuchens bekam das Vieh.

 

1851 schrieb der Amtsarzt von Offenburg „Wechselfieber endemisch (immer wieder kehrend) in den Rheinorten“. 1825 war auch ein furchtbares Hochwasserjahr und das darauffolgende Jahr gleich wieder. Das Rastatter Wochenblatt Nr. 64 aus dem Jahr 1851 berichtete von einem Hochwasser am 1. und 2. August 1851 „von Staufen im Breisgau bis zum Neckar hat sich die Wassernoth ausgedehnt, doch haben die Taeler der Billroth (Sandbach), Oos, Murg, Alb und Enz bei weitem am meisten gelitten, den die ueberschwemmten Gegenden an Gaerten, Wiesen, Feldern und Weinbergen, an Wohnungen und Geraetschaften, an Holz, Bruecken, Straßen und Dammbauten erlitten haben. In Pforzheim haben 14 Personen den tod in den Wellen gefunden, ….auch in Ettlingen hat es Menschenleben gekostet.“

 

Was taten die Menschen in ihrer Hilflosigkeit? Sie räucherten die Stuben tagelang mit Wacholderbeeren und Wachholderholz bei offenen Türen und Fenstern aus. Das kostete nicht viel und schädlich war es nicht. Krankheiten verhindern konnte man damit aber auch nicht. 1885 erfahren wir von Baudirektor Honsell, dass die Bewohner am Rhein vor der Rheinkorrektion von „typhösen Fiebern und der Malaria“ heimgesucht wurden. Das große Problem waren auch die Felder die im Frühjahr zur Vegetation angesetzt hatten und vom Hochwasser überflutet wurden. Das Wasser zog sich nur langsam wieder zurück. Schien dann im August die Sonne begannen die sumpfigen Flächen langsam auszutrocknen. Die orga-

nischen Stoffe gingen in Verwesung über und erzeugten unangenehme Aus-

dünstungen über den Rheindörfern. Am Holz der Fachwerkbauten bildeten sich Schimmelpilze. In Häusern ohne Keller wurde halb unreifes oder halb verfaultes Futtermittel dicht bei den Wohnräumen gelagert. Zu nassen Wiesen und Buschwaldungen kam in der Übergangszeit noch der Nebel hinzu. Ob das Wasser, das aus den gegrabenen Brunnen gepumpt wurde immer als trinkbar eingestuft werden konnte ist sehr fraglich. Die Rheinebene hatte den Ruf einer ungesunden Gegend.

 

1868 hatte die Rheinkorrektion mit der Tieferlegung des Flusses und der Trockenlegung der stehenden Gewässer vieles zum Guten gewendet. Der Offenburger Amtsarzt teilt mit:  „Wechselfieber, Ruhr, Typhen gehören schon lange zu den Seltenheiten“. Der Amtsarzt von Rastatt berichtet auch, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen in den Dörfern am Rhein spürbar nach-

gelassen hätten. Auch die Sterblichkeit sei zurückgegangen. Die Sterbebuch-einträge der Pfarreien liefern hier für die Vorjahre einen traurigen Nachweis. Totgeburten und zahlreiche Einträge im Kindesalter. Die Einträge für junge Menschen waren zahlenmäßig oftmals gleich oder überstiegen sogar die Anzahl der verstorbenen älteren Menschen.

 

Sicher gibt es auch heute da und dort kritische Stimmen zur Rheinkorrektion durch Tulla. Mit dem Wissen das man heute hat sind sie auch teilweise berechtigt. Es war ein richtiger und wichtiger Anfang. Was die Natur in Tausenden von Jahren erschaffen hat lässt sich mal nicht eben so begradigen und nach Belieben in ein Flussbett zwingen. Es war noch nie leicht das Gleichgewicht der Natur mit den Bedürfnissen der Menschen unter einen Hut zu bringen. Es wird auch für die Zukunft eine große Aufgabe bleiben.

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