Hügelsheim Leben auf dem Rhein

Für diese Firma war Edgar Künz auf dem Rhein unterwegs.

Ein Leben auf dem Rhein – Kapitän Edgar Künz

 

Der Rhein ist eine uralte Verkehrsstraße, den auch die Römer schon zum Transport von Waren benutzen. Die damaligen Straßen waren oft in einem erbärmlichen Zustand, führten teilweise durch unwegsames Gelände und vor Überfällen war man auch nicht sicher. Es war die Zeit der Raubritter und Wegelagerer. Schon aus diesem Grund wurden die zu transportierenden Güter immer mehr dem sicheren Wasserweg anvertraut. Den Landesherren am Fluss war sehr daran gelegen, dass die Ware sicher am Ziel ankam, denn schließlich waren die Zolleinkünfte nicht unbedeutend.

 

Seit dem Jahr 1350 waren die Markgrafen von Baden in ihrem Herrschaftsgebiet im Besitz des Rheinzolls verliehen durch König Karl IV. In Hügelsheim wurde eine Zollstelle eingerichtet die mit einem Zollschreiber, Waren- und Schiffsbeseher und einem Acciser (Steuereinnehmer) besetzt war. Hügelsheim wurde zum Schifferdorf. Gegen eine jährliche Abgabe an den Markgrafen erhielten die Schiffer die Erlaubnis zum Transport von Gütern auf dem Rhein. Jahrhundertelang gehörten die Hügelsheimer Schiffer der Straßburger Schifferzunft an und hatten das Recht zum Betrieb eines Marktschiffes, das regelmäßig zwischen Straßburg und Hügelsheim verkehrte. Lange bevor das Marktschiff in der Ferne auf dem Rhein gesichtet wurde standen die Fuhrwerke schon bereit, um die Ware nachdem die herrschaftliche Waage passiert war, zu übernehmen.

 

Schiffer auf dem Rhein zu damaliger Zeit war eine abenteuerliche Angelegenheit. Es war die Wildheit des Stromes und seine unberechenbaren Uferverlegungen. Oft wechselte der Rhein sein Bett und der Wasserstand änderte sich. Untiefen, Strudel und Verschlammungen machten einen Schiffsverkehr sehr kompliziert. Vor Straßburg mussten die Schiffe zu Berg geschleppt werden. Auf beiden Seiten des Flusses waren Treidel- oder Leinpfade angelegt. An Seilen zogen Pferde und Menschen das Schiff den Strom hinauf bis es wieder selbst Fahrt aufnehmen konnte. Im Jahr 1680 gingen in Hügelsheim 18 Männer dem Schifferberuf nach und konnten ihre Familien damit recht gut ernähren. Als im Jahr 1834 das erste Dampfschiff zwischen Straßburg und Lauterburg verkehrte, wurde die Schifffahrt in Hügelsheim immer weniger und wurde schließlich ganz eingestellt. Ein uraltes Gewerbe starb aus.

 

Drei Generationen – drei Kapitäne

Dass hier ein Schiffer wohnt, ist in Hügelsheim nicht zu übersehen. Die Schiffsschraube seines letzten Schiffes liegt auf dem gepflegten Rasen und am Fahnenmast weht die Flagge der Stinnes-Reederei der er über 40 Jahre die Treue gehalten hatte. An der Hauswand aufgemalt und weithin sichtbar ein Raddampfer mit den badischen Farben in den Kaminen, sowie Steuerrad und Anker. Hier ist jemand daheim, der sein berufliches Leben der Schifffahrt verschrieben hat. Hier wohnt Kapitän Edgar Künz.

 

Edgar Künz wurde im Juni 1933 in Kestert am Mittelrhein bei Rheinkilometer 563 im Tal der Loreley geboren. Er ist direkt am Wasser aufgewachsen. Vom Elternhaus trennten ihn nur eine schmale Straße und ein Uferstreifen vom Rhein. In den Jahren, in denen man sich dann erste Gedanken über das spätere Berufsleben macht war für ihn klar, dass seine Zukunft auf dem Wasser lag. Bei der Familie auch kein Wunder. Der Großvater war bereits Kapitän gewesen  und er bewunderte den Vater, wie der ruhig und souverän das große Schiff auf dem Rhein steuerte.

 

Als Schiffsjunge auf dem Stückgutschiff seines Vaters begann er seine Ausbildung und besuchte dabei blockweise die Schule auf dem Schulschiff in Homberg (Ndrh). Nach dreijähriger Ausbildung und Abschlussprüfung erhielt er den Matrosenbrief und fuhr nun als Matrose auf dem Schiff seines Vaters für ca. vier Jahre. Der Winter 1954 war besonders streng. An der Costa Brava stapften die Menschen am Strand durch den Schnee und am Rhein lagen viele Schiffe längsseits. Der Fluss war zugefroren. Es ging nichts mehr. Die Schiffer teilten ihr Schicksal und besuchten sich gegenseitig Hier lernte Edgar Künz seine Ingrid kennen deren Vater, Kapitän Helbach, ein Massengutschiff steuerte. Auch sie kannte das Leben an Bord seit frühester Jugend. Oft tagelang auf dem Wasser und weit weg von der Heimat. Man kann nicht eben mal ankern und einkaufen. Bei Bedarf legte ein Proviantboot längsseits an. Man deckte sich mit den notwendigen Lebensmitteln ein und weiter ging die Fahrt. Am 18. Juli 1956 haben Ingrid und Edgar Künz hier in Hügelsheim geheiratet und beiden war bewusst, dass ihre Zukunft der Binnenschifffahrt gehörte mit all‘ ihren Höhen und Tiefen.

 

Edgar Künz hatte mittlerweile das große Rheinpatent Basel-Nordsee erworben und war nun auf dem Papier Kapitän. Er wechselte als Steuermann auf den Güter-Schleppmotor seines Schwiegervaters. Nach ungefähr zwei Jahren wurde er dann als Kapitäns-Stellvertreter auf fast allen Güter-Schleppmotoren der Reederei eingesetzt, bis er dann später als fester Kapitän das Schiff des Schwiegervaters übernahm. Als die Reederei das Schiff zum Tanker umbaute, hielt Edgar Künz der Rhenus 159 die fortan Rheintank 28 hieß, weiterhin die Treue. 1978 bot ihm die Reederei die interessante Stelle als Schiffsinspektor an. Als Fachkraft war er zuständig für die Überwachung des Schiffparks und dessen einwandfreiem Unterhaltungszustand. Zu seinem Aufgabenbereich gehörten die Wartung und Pflege der Schiffe, Überprüfung der Schiffspapiere, Abnahme und Probefahrten, Beseitigung von Mängeln, die Funktionsfähigkeit der notwendigen Geräte an Bord usw. Wie der TÜV beim Pkw werden auch Schiffe von der SUK (Schiffsuntersuchungskommission) und die Tanker zusätzlich in gewissen Abständen überprüft und die erforderlichen Zulassungen und Atteste ausgestellt. Edgar Künz überwachte die Termine und veranlasste die Untersuchungen bei den zuständigen Behörden.

 

Ingrid und Edgar Künz denken gerne an ihre Zeit als Binnenschiffer zurück. So einsam wie mancher denken mag war man auf dem Wasser nicht. Zu der Zeit als es noch kein Radar gab wurde am Abend geankert. Da lag Schiff neben Schiff bis zum Morgengrauen und man hatte Zeit für gegenseitige Besuche. Man kannte sich, freute sich über das Wiedersehen und verbrachte so manche schöne Stunde miteinander. Die Nation oder Sprache spielte dabei keine Rolle. Mehr als ein Dutzend europäischer Flaggen flatterten auf den Rheinschiffen und die Schiffer hatten unter sich eine eigene Sprache entwickelt. Wenn einer erzählte „über Stür sein merg’schweit wusste jeder Anwesende, dass das Schiff übers Ruder und mit dem Heck beginnend gedreht wurde.

 

Und heute? In Greffern – auch ein Schifferdorf – findet einmal im Monat der Stammtisch der Schiffer statt. Edgar Künz geht gerne hin, schon alleine wegen des Austausches von Erlebnissen und der alten Erinnerungen. Dann ist da noch der große Garten um sein Anwesen. Rasen, Sträucher und Bäume wollen gehegt und gepflegt werden. Für den eigenen Bedarf und die Weitergabe in der Familie wird noch ein kleiner Nutzgarten gehalten. Ingrid und Edgar Künz zieht es aber auch immer wieder mal hinaus an den Rhein. Sie genießen die frische Luft am Fluss und schauen den Schiffen zu die leise tuckernd am Horizont verschwinden. Geankert haben beide schon einige Jahre im trauten Heim im Kreis ihrer Lieben in Hügelsheim dem Schifferdorf.

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