Plittersdorf
Plittersdorf
Der Ort liegt im Ried. Darunter verstehen wir die Rheinniederung westlich von Rastatt, die in etwa von Iffezheim bis zur Mündung der Murg unterhalb Steinmauern reicht. Die Existenz des Dorfes wurde erstmals im Jahr 731 urkundlich nachgewiesen in den Weißenburger Klostergütern. Plitharesdorphe nannte man damals die Ansiedlung. Im Landkreis Rastatt ist Plittersdorf nachweislich der älteste Ort. Aus dem Jahr 777 stammt die Bezeichnung Blithario villa. Die Bezeichnung villa deutet darauf hin, dass es sich hier bereits um eine größere Ansiedlung gehandelt haben muss.
Im 8. Jahrhundert lag villae Blidersdorf mit den anderen Dörfern im Ried auf der anderen Rheinseite und die Orte gehörten zur Pfarrkirche in Selz. Um das Jahr 1300 herum muss eine größere Veränderung des Rheinlaufs eingetreten sein. Die fünf Riedorte wurden vom Elsass abgetrennt und lagen von 1310 bis etwa um 1464 herum auf einer größeren Insel umgeben von zwei Hauptarmen des Rheins. Eine Urkunde aus dem Jahr 1310 beweist diese Tatsache. In ihr wird den Riedern erlaubt, in Notzeiten ihr Vieh jenseits des Rheins weiden zu lassen. Die Selzer Bürger hatten rechts des Rheins das gleiche Recht. So schreibt es Franz Ruf in seiner Ottersdorfer Chronik.
Abgetrennt durch den Rhein von der Mutterkirche war es nicht einfach, die Orte seelsorgerisch zu betreuen. Durch Hochwasser neu entstandene Rheinarme verwehrten den Menschen den Gang zur Kirche. Geburten konnten nicht angezeigt werden, Todesfälle nicht gemeldet werden und mit dem Heiraten musste einfach gewartet werden bis man sich den Segen der Kirche geben lassen konnte. Dass dieser Zustand nicht ging, erkannte Papst Gregor XI und erhob Ottersdorf im Jahr 1371 zu einer selbständigen Pfarrei. Das zentral gelegene Ottersdorf wurde zum kirchlichen und wirtschaftlichen Mittelpunkt der Riedgemeinden. 1388 kam Plittersdorf in den Besitz der Grafen von Eberstein. 1780 erhielt es eine eigene Pfarrei. Die nach 1650 erbaute Kapelle wurde Pfarrkirche.
Der heutige ruhig dahinfließende Altrhein mit seinen kleinen Inseln und den Silberpappeln floss zeitweilig als Hauptstrom direkt am Dorf vorbei. Er riss an der Gemarkung große Teile weg und legte sie auf der anderen Seite wieder an. Rinnsale, Teiche und Gumpen erschwerten den Ackerbau und jahrelang andauernde Streitigkeiten um Grenzlinien durchziehen die Geschichte des Dorfes. 1758 mussten von im Ort stehenden 114 Gebäuden 31 Wohnhäuser wegen der Hochwassergefahr versetzt werden. 1796 musste die Kirche wegen Hochwasser abgebrochen werden und die Zehntscheuer diente als Notkirche. 1798 wurde das Schulhaus ein Opfer der Fluten. Es wurde an anderer Stelle wieder aufgebaut. Den Unterricht hielt man derweil im Hirtenhaus ab.
Ingenieur Vierordt berichtete am 4. April 1804 das „Raukehlzugemäch“ sei fertig gestellt und der Gemeinde drohe keine Gefahr mehr. Doch bereits im Jahr 1806 beim Frühjahrshochwasser stieg der Fluss über die Ufer. Alle Arbeit war vergebens gewesen. Die Häuser drohten einzustürzen. Den Menschen blieb nur die Möglichkeit, ihre Häuser abzubrechen und an einer vom Fluss weiter entfernten Stelle wieder aufzubauen. 12 Häuser und das Pfarrhaus hat man weiter landeinwärts verlegt. 1807 ist das Problem wieder da. Auch in diesem Jahr werden Häuser abgebrochen und verlegt. 1808 rissen in einer stürmischen Nacht die Wassermassen 2 Häuser mit sich.
1810 ist das Elend wieder groß. Im alten Dorf standen noch 10 Häuser. Die Gärten sind vernichtet und Felder vom Rhein verschlungen worden. Ingenieur Ludwig machte den Vorschlag, die Ufer mit Steinen zu befestigen. Dies wurde auch ausgeführt. Doch auch das war kein Hindernis für das Wasser. 1815 verschlangen die Fluten wieder mehrere Häuser und die Regierung erwog sogar, den Ort ganz aufzugeben. Die Rettung des Dorfes ist Oberst Tulla zu verdanken, der eine grundlegende Regulierung des Strombettes plante und auch zum Teil noch persönlich durchführte. 1818 durften die Plittersdorfer ihr Dorf als gerettet betrachten.
Heute sind die Rheinauen in Plittersdorf ein einzigartiges Stück Natur. Hier zeigt sich die ursprüngliche Oberrheinlandschaft, wie es sie heute nur noch selten gibt. Wenn man von der Fähre links den Weg entlang am Rhein nimmt, erreicht man nach dem Spielplatz das Preußensträßle. So benannt nach dem Krieg 1870/71. Geht man auf diesem Weg weiter kommt man automatisch zum „Friedrichsbrückle“ und überquert einen Altrheinarm. Die Umgebung wird immer mehr zur Wildnis. Unheimlich ruhig ist es hier. Nur Geräusche, die die Natur selbst verursacht, sind noch zu vernehmen. Hinter Büschen und umgestürzten Bäumen deren Äste sich wild verschlungen haben ist das Dahinfließen von Wasser gerade noch hörbar.
Am Damm angekommen hat man einen beeindruckenden Blick auf Silberweiden und Röhrrichte. Schwäne gleiten gemächlich auf dem Wasser dahin und zwei Silberreiher kümmern sich gerade um ihr Mittagessen. Auch im Winter ist die Rheinaue eine Naturschönheit. Auf Ästen und am Gebüsch glitzert der Reif und schillert je nach Einfall der Sonnenstrahlen in allen Farben. Die Aue bietet dann einen bizarren Anblick.
Der kleine Rest des „alten Vater Rheins“ bringt uns zurück zur Natur.