Elchesheim-Illingen und das Drubord

Altes überliefertes Handwerk. Der Bau eines Drubordes, dem Boot der Fischer.

Aus Liebe zum Holz und alter Tradition

 

Familie Kircher baut in vierter Generation Dreiborde – das Boot der Auen- und Flussfischer

 

Ein Kircher-Boot bringt Touristen am Starnberger See auf die zauberhafte Roseninsel. König Maximilian II. hatte sie anlegen lassen und für Ludwig II. wurde sie zum  Lieblingsaufenthaltsort. Die Kaiserin Elisabeth von Österreich (Sissi) und Richard Wagner waren dort gern gesehene Gäste. Den weitesten Weg, den ein Kircher-Boot zurücklegen musste, war die 9 000 km weite Reise in einem Container nach Südafrika. Ein Farmer hatte das Boot bei der Firma Kircher in Auftrag gegeben.

 

Um die Anfänge der Bootsbauerei in der Firma Kircher zu schildern, müssen wir zurückgehen in das Jahr 1879. Ein Leben ohne Sorgen gab es für die Menschen in den Rheindörfern damals nicht. Typisches Handwerk am Rhein war das Fischen, das Holzschuhmachen, es gab Mühlenbetreiber, die Weberei, das Strohschuhflechten, das Goldwaschen, Hafner, Töpfer, Schreiner und andere.  Alle diese Handwerker hatten das gleiche Problem. Sie konnten ihre kinderreichen Familien letztendlich nicht damit ernähren. Also wurde nebenher Landwirtschaft und Viehzucht betrieben. Auch die Schreinerei von Marzell Kircher in Illingen war ein kleiner handwerklicher Betrieb im Dorf. Er war gelernter Schreiner. Heute würde man sagen, dass die Auftragslage nicht immer so war, dass der Betrieb rund um die Uhr beschäftigt gewesen wäre, um genügend Gewinn abzuwerfen. 1879 baute Marzell Kircher ohne große Vorkenntnisse sein erstes Fischerboot ein Dreibord oder auch Drubord genannt. Es entstand aus einem gebogenen Boden und zwei Seitenwänden, eben aus „drei Boden Holz“. Das Boot hatte eine Länge von 5 Metern, war ideal zum Auslegen oder Stellen von Netzen und Reusen, weil es ruhig auf dem Wasser lag. Mit dem „Laabel“ (Stechruder) war das Deibord für die Fischer punktgenau zu steuern.

 

Der Versuch glückte, die Kundschaft war begeistert und die kleine Schreinerei bekam weitere Aufträge. Sein Wissen und das handwerkliche Können gab Marzell Kircher an seinen Sohn Josef weiter. Dieser übernahm 1926 die Werkstatt des Vaters. Josef Kirchers Sohn Hans trat dann im Jahr 1978 in die Fußstapfen seines Vaters als Schreiner und auch er wurde in die Geheimnisse des Dreibord-Baues eingewiesen.

 

Mittlerweile hatte es sich in Deutschland herumgesprochen, dass in Elchesheim-Illingen im Landkreis Rastatt die Firma Kircher noch nach alter Tradition Kähne, Weidlinge, Drei- oder Druborde zum Fischen oder Angeln auf dem Rhein und seinen Nebenarmen herstellt. Von Bayern bis hoch in den Norden sind die Boote aus Elchesheim-Illingen gefragt. Die Schreinerei zum Leben und den Bootsbau aus Leidenschaft. So baut auch Heiko Kircher seit 1998 die in Anglerkreisen beliebten Boote nach alter Väter Sitte. Es gab nie Pläne oder Maßtabellen. Form und Maß wurden immer nach der gewünschten Bootslänge festgelegt. Tricks und Kniffe sind und bleiben Familiengeheimnis. Heiko Kirchers Vorteile sind Maschinen und Werkzeuge, die ihm heute die Arbeit leichter machen. Wie 1879 bestehen die Seitenwände und Bodenteile des Dreibords aus abgelagertem Kiefernholz. Die Rungen (Rippen) werden aus Stabilitätsgründen und wegen Erhaltung der Bootsform aus Eichenholz gebogen. Abgedichtet wird das Boot mit Schilfgras, das zu kleinen Zöpfen geflochten wird und zwischen Bodenteilen und Seitenwänden eingezogen wird. Die Zöpfe quellen bei Nässe auf und lassen kein Wasser durch. Die Nägel werden immer noch handgeschmiedet und die letzte Kosmetik besteht aus einem zweimaligen Anstrich mit einer umweltschonenden Holzschutzfarbe.

 

Zu jeder Bootsausstattung gehören ein Stechruder (ein Laabel) und eine 10 Meter lange feuerverzinkte Kette. Das gute Stück muss ja auch am Ufer befestigt werden. In jedem Boot steckt eine Woche intensive Arbeitszeit bevor es die „Kircher-Werft“ verlässt und vom neuen Besitzer zu Wasser gelassen wird. Wer auf dem Wasser gerne etwas schneller unterwegs ist, kann sich sein Dreibord auch mit einem Außenborder ausstatten lassen. Das Gewässeramt muss seine Zustimmung geben und dann ist das für Heiko Kircher kein Problem. Gemütlicher und beschaulicher ist es natürlich ohne Motor, aber das muss jeder für sich alleine entscheiden.

 

Was die Firma Kircher heute bietet, ist das Boot für alle Fälle. Der Angler freut sich, wenn er mit dem Ein- oder Doppelwandboot im Wasser Hindernisse wie Büsche oder Felsen geschickt umfahren kann. Es ist das klassische Ruderboot, man kommt an die besten Plätze, es bietet eine ruhige Lage und einen sicheren Ausstieg.Die Fischer schwören noch immer auf ihr traditionelles Dreibord mit 5 Metern Länge ohne Sitzbänke und Ruderhalterung. Waidmänner gehen mit dem Dreibord erfolgreich auf Entenjagd. Eine ruhige Hand und kein Wellengang sind Voraussetzung dafür. Ganz vorne im Boot sitzt natürlich der Jagdhund aufrecht auf vier Pfoten. Schnuppernd die Nase in die Höhe gereckt freut er sich auf die Jagd und möchte natürlich auch Beute sehen.

 

Wie es weiter geht mit dem Bootsbau Kircher? Das wird die Zukunft zeigen. Heiko Kircher ist stolz auf seine Buben Marc und Tim. Selbstverständlich würde er sich freuen, wenn einer seiner Söhne die Liebe zum Holz entdecken würde. Wenn sie alt genug sind eine Entscheidung zu treffen, würde er gerne die Erfahrungen an die fünfte Generation weitergeben. Die Werkstatt wäre dann weiter mit Leben erfüllt und mit dem Duft des frisch geschlagenen Holzes.

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